INTERESSENGEMEINSCHAFT BÜRGERINITIATIVEN INNSBRUCK IGBI Sprecherin: Anita Stangl Tel. 0699-10019561 Komitee: Thomas Mayer, DI Leo Pertl, Walter Schiestl, Berthold Schwan, DI Siegfried Zenz http://www.buergerinitiativen-innsbruck.at/ mail: buergerinitiativen.innsbruck@gmail.com


Amt der Tiroler Landesregierung

Abteilung Wohnbauförderung

Herrn Mag. Otto Flatscher
Landhaus 6020 Innsbruck


Innsbruck 2017 02 15


Betrifft: Quartiersentwicklung Campagne


Sehr geehrter Herr Flatscher!
Zur Quartiersentwicklung Campagne wurde von der IIG mit der Ausschreibung vom 1.3.2016 ein EU-weites „Kooperatives Planungsverfahren“ durchgeführt. Als Ergebnis liegt nun ein „STÄDTEBAULICHES LEITBILD – CAMPAGNE-REICHENAU, INNSBRUCK“ vor.
Auf der Grundlage dieses städtebaulichen Leitbildes (Masterplan) läuft derzeit ein von IIG und NHT ausgeschriebener, „EU-weit offener, 1-stufiger Realisierungswettbewerb in der Wohnbauförderung“ für das Baufeld 1. Mit Ergebnissen ist bis Anfang Juni 2017 zu rechnen.
An beiden Wettbewerben waren/sind Vertreter der Wohnbauförderung als Experten der Stadt oder in der Jury vertreten.
Mit diesem Schreiben möchten wir darauf hinweisen, dass entsprechend dem vorliegenden „Masterplan Campagne“ bauliche Dichten verwirklicht werden sollen, die weit über jenen Grenzen liegen, bei denen noch gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewährleistet sind. Sie liegen bei einer Geschoßflächenzahl von GFZ 4,9 (Summe der Geschoßflächen geteilt durch die Fläche des Bauplatzes). Vielfach werden derartige Baudichten mit städtebaulichen Missständen (städtebaulichen Sanierungsgebieten, …), mit Ghettobildungen, mit sozialen Spannungen in Siedlungsgebieten (auch schon bei weit geringeren Baudichten), mit Abwertung von und Abwanderung aus Stadtteilen in Verbindung gebracht.

Nach der Tiroler Wohnbauförderrichtlinie 2017 muss als Voraussetzung für eine Förderung „die Gestaltung des Vorhabens….zeitgemäßen Wohnbedürfnissen und einer qualitätvollen Architektur entsprechen.“
Sehr geehrter Herr Flatscher, im Folgenden erlauben wir uns, ein paar Hinweise auf Grenzen baulicher Dichte in Wohngebieten aufzulisten:
1. Tiroler Raumordnungsgesetz 2011, §1g: Ziel ist die“ Weiterentwicklung der Siedlungsgebiete….wobei von nachteiligen Umwelteinflüssen möglichst gering beeinträchtigte Lebensbedingungen….anzustreben sind.“
2. Tiroler Bauordnung 2001 § 17: Bauliche Anlagen müssen entsprechend dem Stand der Technik die bautechnischen Erfordernisse „der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes“ erfüllen.
3. Technische Bauvorschriften 2016, §1: Analog TBO.
4. Steiermark; Baudichteverordnung 1993, §2: Höchstwerte: Reine Wohngebiete: GFZ 0,8, Allgemeine Wohngebiete GFZ 1,4,
5. Bundesrepublik Deutschland, BaunutzungsVO 2013: Obergrenzen: Allgemeine Wohngebiete GFZ 1,2, Besondere Wohngebiete GFZ 1,6
6. DIN 5034-1: Anforderungen für eine „ausreichende“ Besonnungsdauer von Wohnungen als wohnhygienische Mindestanforderung und damit als Grenzwert zur gesundheitlichen Schädigung und zum baulichen Mangel eines Gebäudes: In mindestens einem Wohnraum der Wohnung muss die Besonnungsdauer betragen: Sommer (Sonnenwende): 4 Stunden, Winter (17.Jänner): 1 Stunde.
7. Martin Corda: Städtebau. Teubner 2005. Standardwerk für die städtebauliche Praxis.
Das „STÄDTEBAULICHE LEITBILD – CAMPAGNE-REICHENAU, INNSBRUCK“ mit der Vorgabe einer GFZ 4,9 entspricht nicht ansatzweise den Förderrichtlinien der Wohnbauförderung, besonders nicht der Forderung nach Erfüllung von zeitgemäßen Wohnbedürfnissen und einer qualitätvollen Architektur.
Mit dem Rückzug der Tiroler Wohnbauförderung aus dem laufenden Architektenwettbewerb „Baufeld 1 der Quartiersentwicklung Campagne“ würde das Projekt gestoppt und ein neuer Planungsprozess ermöglicht.


Mit besten Grüßen
Für die IGBI: Anita Stangl DI Leo Pertl DI Siegfried Zenz


Kopie: Bgm. Christine Oppitz-Plörer, LR Johannes Tratter. Beilage: Vergleich von Baudichten in Wohngebieten von Innsbruck